ADOLF VON
HARNACK
MARCION: DAS
EVANGELIUM VOM FREMDEN GOTT
Kapitel X, Seite 215—236
215
X. Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet.
1. Der
Antinomismus und die Verwerfung des Alten Testaments.
Zur Verwerfung des AT ist M. sowohl durch die
Zurückweisung des Schöpfergottes als auch durch die Ablehnung
des Gesetzes geführt worden; doch schon die letztere allein
hätte
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Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
ihn
dazu bestimmt; denn
Gesetzliches in der Religion erschien ihm als ihre Verkehrung, und
Apelles beurteilte, gewiß im Sinne des Meisters, das Gesetz der
Schöpfung gegenüber als das noch Schlimmere. Denkt man mit
Paulas und M. den Gegensatz zwischen „der Gerechtigkeit aus dem
Glauben“ und „der Gerechtigkeit aus den Werken“ scharf durch und
überzeugt sich zugleich von dem Unzureichenden der Mittel, mit
denen Paulus das k a n o n i s c h e
Ansehen des AT festhalten zu können geglaubt hat, so vermag kein
konsequentes Denken die Geltung des AT als kanonischer Urkunde in der
christlichen Kirche zu ertragen. Man darf es auch als sichere
Erkenntnis aussprechen, daß die Kirche das AT weniger aus
sachlichen Gründen festgehalten hat, als aus geschichtlichen. Zu
den geschichtlichen muß auch die für die Kirche der alten
Zeit maßgebende Erkenntnis gerechnet werden, daß Jesus
selbst und Paulus auf dem Boden des AT gestanden haben. Über
dieses Argument hätte auch M. als Kind seiner Zeit nicht
hinwegkommen können; ebendarum beseitigte er es durch einen
Gewaltstrich, indem er die Tradition über diese Stellung Jesu und
seines Apostels für gefälscht erklärte.
Aber was wollen überhaupt in jener Zeit in
bezug auf religiöse Erkenntnisse „Beweise“ besagen? Sie waren
unzureichend, verfehlt, sophistisch, ja oft nichts anderes als
schillernde Seifenblasen. Und was will zu allen Zeiten in der Religion
die gemeine Logik der Konsequenzen besagen, da sie doch ihre eigene
Logik hat? Nur die Sachen selbst haben ein Interesse und verdienen eine
ernsthafte Würdigung; denn in ihnen steckt das
Unveränderliche und Unverlierbare.
Marcion hat die Christenheit vom AT befreien wollen,
die Kirche aber hat es beibehalten; er hat nicht verboten, das Buch in
die Hand zu nehmen, ja er hat sogar anerkannt, daß in ihm
Nützliches zu lesen sei; aber er sah in ihm einen anderen Geist
als im Evangelium, und er wollte in der Religion von zwei Geistern
nichts wissen. Hat er recht oder hat die Kirche recht, die sich von dem
Buche nicht getrennt hat? Die Frage muß aufgeworfen werden; denn
vor uns steht nicht ein beliebiger Theologe ohne Wirksamkeit und
Anhang, sondern der Mann, der das Neue Testament begründet und
eine große Kirche geschaffen hat, die Jahrhunderte lang
blühte. Er darf mit Recht auf die Ehre Anspruch machen, daß
man ihn noch heute ernsthaft nimmt. Auch
217
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
ist
jene Geschichtsphilosophie
noch nicht allgemein gültig, die unter allen Umständen dem
Gewordenen recht gibt.
Die These, die im folgenden begründet werden
soll, lautet: d a s A T i
m 2.
J a h r h u n d e r t z u v e r w e r f e n,
w a r e i n F e h l e r, d e
n d i e g r o ß e K i r c h
e
m i t R e c h t a b g e l e h n t h a t;
e s i m 16. J a h r h u n d e r
t b e i z u b e h a l t e n, w a r e i
n
S c h i c k s a l, d e m s i c h d i
e R e f o r m a t i o n n o c h n i
c h t z u e n t z i e h e n v e r m
o c h t e;
e s a b e r s e i t d e m
19. J a h r h u n d e r t a l s k a n o
n i s c h e U r k u n d e i m
P r o t e s t a n t i s m u s n o c h z
u k o n s e r v i e r e n, i s t d i
e F o l g e e i n e r
r e l i g i ö s e n u n d k i r c h l i c h e
n L ä h m u n g.
Die Begründung der Erkenntnis, daß die
Verwerfung des AT im 2. Jahrhundert (und im kirchlichen Altertum und
Mittelalter überhaupt) ein Fehler war, ist leicht zu geben: damals
war es, weil das Werden in der Geschichte den Augen verborgen war,
schlechthin unmöglich, das AT zu verwerfen, wenn man nicht jede
Verbindung der christlichen Religion mit ihm abschnitt und es für
das Buch eines falschen Gottes erklärte ¹. So ist M.
verfahren. Diese Behauptung ist aber so ungeschichtlich und
grundstürzend, z u g l e i c h a b e
r
a u c h r e l i g i ö s s o v
e r w i r r e n d, daß die Kirche ihr
gegenüber alle Schwierigkeiten, alle verhängnisvollen Folgen
und alle Sophismen, die die Beibehaltung des AT mit sich brachte,
instinktiv und mit Recht in den Kauf genommen hat. Gewiß wird man
dem Manne die Anerkennung nicht versagen, der, weil er das Evangelium
und das Gesetz für unvereinbar hielt, sich mutig der
mächtigsten Tradition entgegenwarf und das AT opferte; aber — von
dem geschichtlichen Vacuum, das hinter der christlichen Religion nun
entstand, und von der Vergewaltigung der Verkündigung Jesu und des
Paulus abgesehen — welche unsägliche Verwirrung mußte
entstehen, wenn man die Frömmigkeit der Psalmisten
—————
¹ Oder für ein Fabel- und
Lügenbuch, was auf dasselbe herauskommt. Die wissenschaftlich sehr
beachtenswerte vermittelnde Betrachtung, welche verschiedene
Bestandteile in dem Buch unterschied (Ptolemäus, Pseudoklementinen
u. a.), läuft auch auf eine Verwerfung als Ganzes hinaus; sie
konnte übrigens nur Sache der Gelehrten und theologischen Schulen
sein.
218
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
und
die tiefen Prophetenworte
als die Wirkungen einer verwerflichen Gottheit zu verurteilen gezwungen
war! Unheiliges als Heiliges nehmen zu müssen, das kann jede
Religion bis zu einem gewissen Grade ertragen; aber Gutes für
schlecht, Heiliges für verwerflich zu halten, das muß sich
rächen. Das AT hat die Christenheit in einen tragischen Konflikt
gebracht: er war im 2. Jahrhundert und bis auf weiteres nicht so zu
lösen, wie ihn M. gelöst hat, sondern wie die Kirche ihn
löste. Das NT half ihr seit dem Ausgang des 2. Jahrhunderts dabei
und beseitigte wenigstens einen Teil der drückenden
Schwierigkeiten und der Sophismen, mit denen man sich die Augen
verblendete; nun durfte man S t u f e n
unterscheiden und das AT auf die niedere stellen; freilich blieb diese
Unterscheidung immer bedroht, denn es kann — das erschien
selbstverständlich — nur e i n e
Inspiration und nur e i n e
durch sie gesetzte lex veritatis geben.
Durch L u t h e r
¹ wurde die Paulinisch-Marcionitische Erkenntnis des
Unterschieds
von Gesetz und Evangelium wieder in den Mittelpunkt gestellt; sie wurde
der Hebel der Reformation als geistlicher Bewegung. Seine allen anderen
Glaubensbetrachtungen übergeordnete These lautete im Negativen:
„Lex non potest nobis monstrare verum deum“; das Gesetz ist „der Juden
Sachsenspiegel“, ist ein „leibliches Gesetz“, das die Christen nicht
mehr bedürfen, sie haben dafür das kaiserliche Recht; die
Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, auch aus seiner Summe, ist
ficta et servilis. Die ganze Gesetzessphäre als irdische
untersteht dem Christen ², nicht er ihr; als religiöse aber
gehört sie einer
—————
¹ Ich gehe sofort zu ihm über, obgleich die Geschichte der
alten und mittelalterlichen Kirche hier auch noch Beachtenswertes
bietet; doch ist es nicht von solcher Wichtigkeit, daß es
erwähnt werden müßte. Vor allem kommt Augustin in
Betracht und die Augustinisch-Paulinischen, sowie die antinomistischen
Reaktionen in der Kirche; sie bieten alle eine Seite, nach der sie mit
dem Marcionitismus verwandt sind. Eine Untersuchung: „Marcion und
Augustin“, wäre von besonderem Interesse; vgl. auch meine
Abhandlung: „Geschichte der Lehre von der Seligkeit allein durch den
Glauben in der alten Kirche“ („Ztschr. f. Theol. u. Kirche“ I, 1891, S.
82—178) und den zweiten Abschnitt dieses Kapitels.
² „De legibus quibuscumque tandem nemo potest
iudicare nisi ille, qui evangelium habet et intelligit“ (W
r a m p e l m e y e r, Tagebuch über
Luther des Cordatus, 1885, S. 55).
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Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
überwundenen
Stufe an;
wer das nicht erkennt, muß Jude bleiben. Da aber das Gesetz durch
das gesamte AT, einschließlich der Propheten, hindurchgeht, so
liegt das ganze einheitliche Buch unterhalb der Christenheit.
Noch deutlicher sah A g r i c o l a:
er beurteilte das Gesetz
als einen v e r f e h l t e n Versuch
Gottes, durch Drohung die Menschen zu leiten. Kann Gott aber etwas
verfehlen? ¹ Von hier aus war kaum mehr als ein Schritt zu der
besonnenen Erklärung, die Luther in bezug auf die alexandrinischen
Bestandteile des AT ja auch wirklich abgegeben hat, die ATlichen
Bücher seien „gut und nützlich zu lesen“, gehörten aber
nicht neben das NT, weil sie keine kanonische Richtschnur seien. Welch
eine Entlastung der Christenheit und ihrer Lehre wäre es gewesen,
wenn Luther diesen Schritt getan hätte! Gehörte mehr
christlicher Freimut und Kühnheit zu ihm als zu dem Schritt, den
er in der Schrift De captivitate Babylonica gegenüber den
Sakramenten unternommen hat, und war nicht die kritische
Geschichtserkenntnis schon erwacht? Hatte Luther nicht selbst seit der
Leipziger Disputation und bis zu der Schrift über die Konzilien
und Kirchen ein einschneidendes Urteil nach dem anderen an der
kirchengeschichtlichen Überlieferung vollzogen? Waren nicht auch
in bezug auf das AT alle Prämissen gegeben, um ihm endlich
sein k a n o n i s c h e s A n s e h e
n in der
Christenheit zu nehmen und ihm die h o h e
g e s c h i c h t l i c h e S t e l l e anzuweisen,
die ihm gebührt?
Die Prämissen waren vorhanden, aber ihre
Konsequenzen konnten noch nicht gezogen werden; denn an diesem Punkt
waren Tradition und Gewohnheit doch noch stärker als die erst
aufdämmernde geschichtliche Kritik — die Bibel stand fester als
die Kirchenlehre, die allegorische Erklärung herrschte noch, und
Luther waren die Psalmen so teuer wie die Paulusbriefe — und wenn ihm
auch der Mut und die Kraft zuzutrauen sind, daß er einer
bloßen Tradition entgegengetreten wäre, s
o w a r e r a n d i e s
e m P u n k t n o c h
r e l i g i ö s g e b u n d e n. Dies war das
Entscheidende. Während
Agricola wie Marcion
—————
¹ Auf die Verwandtschaft zwischen Agricola und Marcion
hat F r a n k aufmerksam gemacht (Theologie
der Konkordienformel II, S. 255).
220
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
verkündigte,
daß
Gottes Güte allein die Buße bewirkt, und damit die
Überflüssigkeit des Gesetzes für den ordo salutis
proclamierte, glaubte Luther, das Gesetz zur Erweckung der Gewissen
nicht entbehren zu können und fand auch sonst Gesichtspunkte, nach
welchen die Verkündigung des Gesetzes als des deutlichen Ausdrucks
des h. Willens Gottes nicht aufhören dürfe. Er trat damit
zwar in Widerspruch zu anderen, ihm teuren Glaubensgedanken, und das
hat ihn selbst innerlich angefochten; aber seine konservative Stellung
zum AT war entschieden. Daher blieb dem evangelischen Christentum die
kanonische Autorität des AT als Schicksal; die widerstrebenden
Mächte waren zu schwach, und die Erkenntnis: „Lex non potest nobis
monstrare verum deum“, fiel, auf das ganze AT angewendet, kraftlos zu
Boden. Man muß noch mehr sagen: durch die Reformation erhielt der
Biblizismus, der schon vor ihr im Wachsen gewesen war, eine
außerordentliche Verstärkung, und das kam auch dem AT zu
gut. Im Gebiete des Luthertums machten sich seine bedenklichen
Wirkungen zwar weniger geltend, um so stärker aber in den
täuferischen und den aus Täufertum und Reformation gemischten
Kirchen, zu welchen die Calvinischen gehören. Hier hat das dem NT
völlig gleichgestellte AT unheilvoll auf die Dogmatik, die
Frömmigkeit und die christliche Lebenspraxis eingewirkt, in
einigen Gruppen sogar einen islamitischen Eifer erzeugt, in anderen
eine neue Art von Judaismus hervorgerufen und durchweg ein gesetzliches
Wesen befördert. Durch das allmähliche Zurücktreten der
allegorischen Methode der Exegese wurden diese Wirkungen verschlimmert;
denn diese hatte die inferiorsten und bedenklichen Züge des AT zu
einem großen Teil außer Kraft gesetzt. Wäre Marcion
zur Zeit der Hugenotten und Cromwells wiedererschienen, so wäre er
dem kriegerischen Gott Israels, den er verabscheute, mitten in der
Christenheit wieder begegnet. Die Reaktion konnte nicht ausbleiben, und
sie entstand in demselben Gebiete der Christenheit, dem Calvinischen,
in welchem man so unbedenklich dem ATlichen Geiste Raum gelassen hatte.
Beim Übergang des 17. zum 18. Jahrhundert
tauchte, zunächst in der englischen Aufklärung, die Frage
nach dem Recht des AT in der Kirche wieder auf, jetzt aber
als a l l g e m e i n e Religions- und
Geschichtsfrage. Auch wo sie in Anlehnung an
221
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
Paulus
beantwortet wurde,
blieb doch sein tief begründeter Antinomismus außer Spiel.
Am weitesten ist, T i n d a l
folgend, T h o m a s M o r g a n
gegangen und zeigt dabei in den Ergebnissen seiner
geschichtlich-philosophischen Spekulation die frappantesten Parallelen
zu Marcion, ohne ihm wirklich innerlich nahe zu stehen. Schon der Titel
seines berühmten Dialogs zwischen einem christlichen Deisten und
einem c h r i s t l i c h e n J u d e
n
(1737) mutet Marcionitisch an. Der Gott des AT wird ungefähr so
gezeichnet wie von M. als ein beschränkter, kleinlicher und
widerspruchsvoller Nationalgott, der auch Unmoralisches tut; die
Mosaische Gesetzgebung ist ein ganz unbefriedigendes, partikular
beschränktes und anstößiges Werk, eine Entstellung der
lex naturae, die sich von den heidnischen Religionen wenig
unterscheidet. Das Volk Israel, von Haus aus von schlechtem Charakter,
geht an diesem Gesetze zugrunde. Jesus bringt die durch Offenbarung
geklärte lex naturae; er hat zum wahren Schüler nur Paulus
gehabt; die anderen Apostel alle haben Jesus mißverstanden und
sind in das jüdische Wesen zurückgefallen, mit ihnen die
Kirche, die also, wenn auch Verbesserungen durch die Einwirkungen des
Paulus nicht gefehlt haben ¹, bis heute noch zur Hälfte im
Judentum steckt. Daß diese Darlegung, obgleich sie sehr viel
Richtiges und Wertvolles enthielt, in ihren kecken Übertreibungen
keinen Eindruck auf die offiziellen Kirchen machen konnte, versteht
man. Für die Entstehung einer universalen und positiv-kritischen
Geschichtsphilosophie ist sie von unermeßlicher Bedeutung
geworden.
Diese hat sich im Anfang des 19. Jahrhunderts auf
dem Grunde, aber unter scharfer Korrektur, der religionsgeschichtlichen
Erkenntnisse der englischen Aufklärung entwickelt und dabei
von S c h l e i e r m a c h e r,
H e g e l, sowie von
der Gesamtheit der aus dem Pietismus stammenden Denker den Sinn
für die Eigenart und Würde der christlichen Religion
erhalten. Im Formalen war (neben der Schulung für die Beobachtung
des Tatsächlichen in allen seinen Erscheinungen) die
Erkenntnis
d e r I m m a n e n z d e r I d e e
n i m W i r k l i c h e n u n
d d e r E n t w i c k l u n g d e
r W a h r h e i t
i m G a n g e
—————
¹ Die Idee, die katholische Kirche sei nach Kämpfen ein
Ausgleich zwischen Petrinern und Paulinern, findet sich auch
bei M o r g a n.
222
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
d
e r G e s c h i c h t e das Hauptergebnis.
Im Materialen darf man, die christliche Religion anlangend,
d i e E r k e n n t n i s v o n d e
r E i g e n a r t i h r e s
G o t t e s b e g r i f f s s u b s p e c i
e C h r i s t i als das Hauptergebnis
betrachten. Aus geschichtskritischen und religiösen Gründen
folgte von hier aus mit zwingender Notwendigkeit und Evidenz, zumal da
der Begriff der Inspiration im alten Sinne aufgelöst war,
daß jede Art der Gleichstellung des AT mit dem NT und jede
Autorität desselben im Christentum unstatthaft ist. Klar hat
das S c h l e i e r m a c h e r erkannt und andere
neben ihm; Marcion hat recht bekommen, wenn auch teilweise mit anderer
Begründung. Seit einem Jahrhundert wissen das die evangelischen
Kirchen und haben nach ihren Prinzipien die Pflicht, dem Folge zu
geben, d. h. das AT zwar an die Spitze der Bücher zu stellen, „die
gut und nützlich zu lesen sind“ und die Kenntnis der wirklich
erbaulichen Abschnitte in Kraft zu erhalten, aber den Gemeinden keinen
Zweifel darüber zu lassen, daß das AT k e i n
kanonisches Buch ist. Aber
diese Kirchen sind gelähmt, haben sich kein Organ schaffen
können, durch welches sie sich von veralteten Traditionen zu
befreien vermögen, und finden auch nicht die Kraft und den Mut,
der Wahrheit die Ehre zu geben; sie fürchten sich vor den Folgen
eines Bruchs mit der Tradition, während sie die viel
verhängnisvolleren Folgen nicht sehen oder mißachten, die
fort und fort aus der Aufrechterhaltung des ATs als heiliger und daher
untrüglicher Schrift entstehen. Stammt doch die größte
Zahl der Einwendungen, welche „das Volk“ gegen das Christentum und
gegen die Wahrhaftigkeit der Kirche erhebt, aus dem Ansehen, welches
die Kirche noch immer dem AT gibt. Hier reinen Tisch zu machen und der
Wahrheit in Bekenntnis und Unterricht die Ehre zu geben, das ist die
Großtat, die heute — fast schon zu spät — vom
Protestantismus verlangt wird. Die Einwendung der Überklugen und
Verschlagenen aber, die Autorität des NT im alten Sinn
(Buchstaben-Autorität) sei durch Zerstörung des
Inspirationsdogmas ja auch aufgelöst, also könne man die
beiden Testamente wie bisher ruhig beieinander lassen, ist nur eine
Ausflucht. Gewiß ist auch die Autorität des NT eine andere
geworden, und das soll unzweideutig bekannt werden; aber es bleibt doch
der K a n o n für die
Kirche, nicht aus formalen Gründen und nicht mit der formalen
Autorität
223
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
des
Buchstabens — wie es als
Sammlung zustande gekommen ist, wissen wir jetzt; Marcion hat den Grund
gelegt —, sondern weil sich eine bessere Urkundensammlung für die
Bestimmung dessen, was christlich ist, nicht schaffen läßt.
Zu diesem Kanon darf das AT nicht gestellt werden; denn was christlich
ist, kann man aus ihm nicht ersehen. Die beiden anderen Einwendungen
aber, man müsse dem AT die alte Stellung und Schätzung
belassen, weil Jesus es als heilige Schrift anerkannt habe und weil es
die große Urkunde für die Vorgeschichte des Christentums
sei, dürfen auch nicht ins Gewicht fallen; denn Jesus selbst hat
in seinem feierlichsten Wort seinen Jüngern gesagt, daß
fortab alle Gotteserkenntnis durch ihn gehe, und der wissenschaftliche
Gesichtspunkt, die Urkunden der Vorgeschichte des Christentums mit
seinen eigenen auf e i n e r
Fläche zu verbinden, ist kein religiöser, sondern ein
profaner.
So steht die Frage des AT, die M. einst
gestellt und entschieden hat, heute noch fordernd vor der evangelischen
Christenheit. Die übrige Christenheit muß sie
überhören; denn sie ist außerstande, die richtige
Antwort zu geben, der Protestantismus aber kann es und kann es um so
mehr, als das schreckliche Dilemma, unter welchem M. einst
gestanden, längst weggeräumt ist. Er mußte das AT als
ein falsches, widergöttliches Buch v e r w e r f e n,
um das Evangelium rein
behalten zu können; von „verwerfen“ ist aber heute nicht die Rede,
vielmehr wird dieses Buch erst dann in seiner Eigenart und Bedeutung
(die Propheten) allüberall gewürdigt und geschätzt
werden, wenn ihm die k a n o n i s c h e
Autorität, die ihm nicht gebührt, entzogen ist ¹.
2.
Das Evangelium vom fremden Gott und der
Panchristismus.
Die Schriften sind ihrem Wortsinn nach zu verstehen;
alle Allegoristik ist zu verbannen — das Evangelium steht auf sich
—————
¹ Ich protestiere hiermit dagegen, daß meine
Ausführungen mit denen von F r i e d r i c
h
D e l i t z s c h („Die große Täuschung“)
zusammengestellt
werden, wie dies mehrfach geschehen ist; diese sind vom
wissenschaftlichen Standpunkt aus ebenso rückständig wie vom
religiösen verwerflich.
224
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
selbst;
es bedarf keiner
Beglaubigung durch äußere Autoritäten und
Weissagungsbeweise ¹, keines Unterbaus durch die Philosophie,
keiner Verklärung durch die ästhetische Anschauung und keiner
Belebung durch den Synkretismus oder durch Enthusiasmus, Mystik und
Pneumatik — das AT ist das Buch des minderwertigen jüdischen
Gottes — für das geschichtliche Verständnis des kirchlichen
Christentums mit seinen Gesetzlichkeiten muß man auf den Kampf
zwischen Paulus und den judaistischen Christen zurückgreifen — um
das Wesen des Christentums für die Zukunft sicher zu stellen,
bedarf es gegenüber dem AT und modernen Schriften einer
kanonischen Sammlung seiner echten Urkunden — diese Sammlung muß
zweiteilig sein, d. h. Christus und Paulus umfassen; denn dieser, und
nur er, ist der authentische Interpret jenes — die Kirche ist nicht nur
im Glauben, sondern auch tatsächlich einheitlich
zusammenzuschließen und zu begründen, aber nicht auf
irgendeine philosophische Dogmatik, sondern auf die Glaubens- und
Lebensprinzipien des Evangeliums —: wenn Marcion nur diese Sätze
geltend gemacht und, wie er es getan, kraftvoll vertreten hätte,
so hätte er schon genug getan, um sich eine einzigartige und
eminente Stellung in der Kirchengeschichte als ein ebenso scharfer, wie
profunder, und als ein ebenso realistischer wie religiöser Geist
zu sichern.
Ist doch in dem, was er ablehnt und was er fordert,
ein ganz bestimmter und charaktervoller christlicher Religionstypus
gegeben, nämlich der, nach welchem die christliche Religion
schlechthin nichts anderes ist als G l a u b e
(im Sinne der fides historica und fiducia) a n
d i e O f f e n b a r u n g G o t t e s
—————
¹ Es seien hier um ihrer Bedeutung willen die Marcionitischen
Worte deutsch wiedergegeben, die uns durch Origenes (in Joh. II, §
199; s. o. S. 108) erhalten sind:
„Der Sohn Gottes braucht keine ,Zeugen‘ (d. h. keine Propheten, die auf
ihn geweissagt haben); denn in seinen machtvollen Heilandsworten und in
seinen Wundertaten liegt die überzeugende und
tieferschütternde Kraft“. Und nun ganz wörtlich: „Wenn Moses
Glauben gefunden hat um seines Wortes und seiner Krafttaten willen und
nicht nötig hatte, daß ihm weissagende Zeugen vorangingen,
und wenn ebenso jeder Prophet vom Volk als von Gott gesandt angenommen
wurde, um wieviel mehr hat nicht der, der viel mehr war als Moses und
die Propheten, die Kraft, ohne vorherbezeugende Propheten das
auszuführen, was er will, und der Menschheit zu helfen“.
225
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
i
n C h r i s t u s. Da dabei der Rekurs
auf jede religiöse Anlage (im Sinne des Prologs der Konfessionen
Augustins) wegfällt, der Mensch also der (fremden) Heilsbotschaft
gegenüber „truncus et lapis“ ist, s o i s
t w i r k l i c h d e r G l a u b e
n s b e g r i f f
L u t h e r s d e r j e n i g e, d e r d
e m M a r c i o n i t i s c h e n a
m n ä c h s t e n s t e h t, w i
e
s c h o n N e a n d e r (s. S. 198) g e s e h e n
hat.
Aber weit über L u t h e r
hinaus hat M. den
Kontrast zwischen Gott dem Heiland und der Welt, zwischen dem Wunder
der Erlösung und dem Menschlichen — sei es auch dem höchsten
— auf die Spitze getrieben, und hierin besteht seine s i n
g u l ä r e Eigenart. Er hat das
Evangelium, d. h. Christus, so erlebt, daß er
schlechthin j e d e religiöse Offenbarung und
Erweckung außer ihm als falsch und feindlich beurteilt hat.
Hieraus mußte er die erschütternde, aber
in ihrer Einfachheit zugleich befreiende Folgerung ziehen, die ihn auf
dem Boden des Christentums zum Religionsstifter gemacht hat: der
bekannte Gott dieser Welt ist ein verwerfliches Wesen; d a
s E v a n g e l i u m a b e r i s
t d i e B o t s c h a f t v o
m
f r e m d e n G o t t; er ruft uns nicht aus der
Fremde, in die wir uns
verirrt, in die Heimat, sondern aus der grauenvollen Heimat, zu der wir
gehören, in eine selige Fremde.
Nur sofern sie soteriologisch orientiert ist,
trägt diese Religionsstiftung den Stempel ihrer Zeit ¹; sonst
ist sie vollkommen unjüdisch und ebenso unhellenisch. Kann es
etwas Unhellenischeres geben, als diesen völligen Verzicht auf die
Kosmologie, die Metaphysik und das Ästhetische? ² Und wenn
hier jedes Paktieren mit dem höheren Menschentum, mit dem
Genialischen, dem Prophetischen und dem Spekulativen, ebenso streng
ausgeschlossen ist wie mit dem Moralismus, dem Legalen und dem
bloß Autoritativen — welch’ eine Umwertung der Werte und welch’
eine Auflösung der Kultur mußte die Folge sein! Im neuen
Lichte des Evangeliums verkündigte Marcion der ganzen
—————
¹ Niemand konnte damals ein Gott sein, der nicht auch ein Heiland
war; nur die wenigen genuinen Stoiker dachten darüber anders.
² „Haec cellula creatoris“ — hätte je ein
Hellene so abschätzig von Himmel und Erde sprechen können?
Diese Welt des physischen und moralischen Ungeziefers!
226
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
alten
Welt und ihren
gleißenden Idealen die Götterdämmerung: „Die falschen
Götzen macht zu Spott; ein neuer Herr ist Gott“ ¹.
Man muß, um M. vollkommen zu verstehen,
den Versuch machen, die zeitgeschichtlichen Gerüste abzubrechen.
Man kann das, ohne ihn auch nur in e i n e m
Zuge zu modernisieren; im folgenden ist der Versuch gemacht:
In dieser bösen Welt, der wir angehören,
und in uns selbst verschlingen sich zwei Reiche: das eine ist das der
Materie und des Fleisches, das andere das des „Geistes“, der Moral und
der Gerechtigkeit. Vereint und in sich verschlungen sind sie, obschon
sie im Gegensatz zueinander stehen; das weist auf die jammervolle
Schwäche dessen zurück, der für diese Schöpfung
verantwortlich ist; er, obgleich „Geist“ und moralische Kraft, war
nicht imstande, etwas Besseres als diese entsetzliche Welt zu schaffen,
zu der er den „Stoff“ aus der von ihm als schlecht gehaßten
Materie nehmen mußte. In dieser Welt steht der Mensch; aus
fleischlicher Lust und der unsäglich gemeinen Begattung
entstehend, mit dem Leibe behaftet und an ihn gekettet, zieht es ihn
hinunter in das Treiben der Natur, und die große Menge der
Menschen ergeht sich in allen Schanden und Lastern und lebt in brutalem
Egoismus schlimm, schamlos und „heidnisch“. So will sie der Gott nicht,
der sie geschaffen hat; er will sie „gerecht“, hat ihnen einen Sinn
für das Gerecht-Gute eingepflanzt und sucht sie zu diesem zu
leiten. Aber was ist dieses „Gerecht-Gute“, was ist das höchste
Ideal? Und wie leitet er sie? Die Antwort auf diese Fragen kann man aus
der „Welt“ und der Geschichte, aus dem „Gesetz“ und der Moral selbst
ablesen; denn die „Welt“ und das „Gesetz“ sind ja nichts anderes als
der Gott dieser Welt und als der Gott des Gesetzes ².
Der objektive Befund zeigt also ein
widerspruchsvolles Durcheinander, das jeder Rechtfertigung spottet.
Einerseits gewahrt man eine strenge und peinliche Gerechtigkeit, die
sich im Physischen und Moralischen durchzusetzen strebt, mit Verboten,
Prämien und Strafen arbeitet und so das Naturhafte und Gemeine zu
überwinden trachtet; man gewahrt den Geist der zehn Gebote, der
Autorität, der Gehorsamsforderung, des Knechtisch-
—————
¹ Auf die Verwandtschaft mit T o l s t o i
sei schon hier hingewiesen.
² Marcion hat diese Gleichungen
ausdrücklich vollzogen, s. S. 103.
227
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
Guten
und einer mühsam
sich durchsetzenden, angeblich sittlichen Weltordnung. Aber mit diesem
„Gerechten“ ist Sinnloses, Härte und Grausamkeit und wiederum
Schwanken, Schwäche und Kleinliches so untrennbar verbunden,
daß alles zu einem jämmerlichen Schauspiel wird. Und selbst
damit ist noch nicht das Schlimmste gesagt: diese Gerechtigkeit selbst,
und zwar gerade dort, wo sie am reinsten erscheint und das Naturhafte
mehr oder weniger gebändigt hat, ist im tiefsten unsittlich; denn
sie ist ohne Liebe, stellt alles unter Zwang, reizt ebendadurch erst
zur Sünde u n d f ü h r t
n i c h t
a u s d e r W e l t h e r a u s.
Dieser „Gott“, d. h. also diese Welt, ist das
Schicksal des Menschen; ihm bleibt nur eine bange Wahl: entweder er
entzieht seinem Schöpfer durch Libertinismus, Schande und Laster
den Gehorsam und verfällt damit als entsprungener Sklave seinem
Zorn und Gericht — das ist das Los der großen Mehrzahl —, oder er
folgt ihm und seinem launenhaften Willen mit knechtischem Gehorsam und
wird ein Gerechtigkeits-, Gesetzes- und Kulturmensch; dann
überwindet er zwar das Gemeine, aber es wird schlimmer mit ihm;
denn im Grunde ist nicht das Böse der Feind des Guten — sie sind
inkommensurabel und das Böse ist heilbar —, sondern jene
erzwungene, angelernte und selbstzufriedene „Gerechtigkeit“, die von
Liebe ebensowenig weiß wie von einer Erhebung ins
Überweltliche, und die zwischen Furcht und tugendstolzem Behagen
abwechselnd, niemals zur Freiheit kommt.
Die furchtbare Tragik des Menschenschicksals ist
damit gegeben. Nicht gleißende Laster sind die Tugenden des
Menschen, wohl aber stumpfen sie hoffnungslos gegen Höheres ab.
Wieviel tiefer schaute Marcion in das Menschliche hinein als die
Durchschnittschristenheit seiner Tage ¹: das angepriesene
Heilmittel, das heteronome Gesetz, ist in seinem Effekt, so lehrte er,
schlimmer als das Grundübel! Es befreit wohl von diesem Übel,
aber es führt ein schlimmeres herauf. die Verhärtung in einer
—————
¹ Sie konnte unter Umständen die Welt wohl noch härter
beurteilen als Marcion, indem sie erklärte, dieser Äon sei
ganz d e s T e u f e l s; aber — der
mundus ist doch gut, nur das saeculum ist schlecht, und als
vernünftiges Wesen kann der Mensch jederzeit zum „Guten“ sich
erheben.
228
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
selbstgerechten
Lieblosigkeit
und Mediocrité, die unheilbar ist. Daher — fort mit jeder
Theodizee und fort mit jeder teleologischen Kosmologie; an dieser Welt
samt ihren Idealen und ihrem Gott ist nichts zu rechtfertigen, und ihre
„Gerechten“ sind Sklaven! Hier gilt nicht nur: „Valet will ich dir
geben, du arge, falsche Welt“ sondern noch vielmehr ein heiliger Trotz
gegenüber den „himmlischen Mächten“, die in dieses Leben
hineinführen, den Menschen schuldig werden lassen und ihn mit
ihrer empörenden „Gerechtigkeit“ beherrschen —: bis zum physischen
Ekel vor allem, was die Menge „Gott“ nennt und was doch „Welt“ ist,
soll man den Widerwillen empfinden ¹.
Aber so zu empfinden vermag nur, wem das
„G a n z A n d e r e“, d a s „F r e m d e“
aufgegangen ist — aufgegangen als die M a c h t
d e r L i e b e, und nicht nur als
ein subjektiv, s o n d e r n a u c h a l
s e i n
o b j e k t i v N e u e s. Hier bleiben selbst die
weit hinter Marcion
zurück, die, wie Paulus und seine Schüler, von der „neuen
Kreatur“ und dem „neuen Zustand der Seele“ in ergreifenden
Bekenntnissen gesprochen haben ²; denn sie dachten immer nur an
eine n e u e A r t der Offenbarung
Gottes; solch ein Halbgedanke aber in bezug auf Gott war M. ein
Greuel. Er verkündete deshalb den f r e m d e n
Gott mit einer ganz neuen
„dispositio“. An Christus hatte er ihn erlebt und nur an
ihm; d a h e r e r h o b e
r d e n g e s c h i c h t l i c h e
n
R e a l i s m u s d e s c h r i s t l i c h e
n E r l e b n i s s e s z u m t r a
n s z e n d e n t e n und
erblickte über der dunklen und dumpfen Sphäre der Welt und
ihres Schöpfers die Sphäre einer neuen Wirklichkeit, d. h.
einer neuen Gottheit ³.
—————
¹ Man erinnere sich wiederum T o l s t o i s.
² Pascal, Pensées p. 340: „La
première chose que Dieu inspire à l’âme qu’il
daigne toucher
véritablement, est une connaissance et une vue tout
extraordinaire, par laquelle l’âme considère les choses et
elle même d’une façon toute nouvelle. Cette nouvelle
lumière lui donne de la crainte“.
³ Wenn heute die Religionsphilosophie wieder
das Objekt der Religion (das „Heilige“) grundlegend als das „ganz
Andere“, als das „Fremde“ oder ähnlich definiert und zu dieser
Grunddefinition Forscher vom Pietismus, von der reformatorischen
Orthodoxie, vom Katholizismus und vom Kritizismus her gelangen, und
wenn sie ferner von allen „Beweisen“ abzusehen lehren und allein das
Phänomen für sich sprechen lassen wollen,
229
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
Sie ist L i e b e, nichts als Liebe;
schlechterdings kein anderer Zug ist ihr beigemischt. Und sie
ist u n b e g r e i f l i c h e Liebe; denn sie
nimmt sich in purem Erbarmen eines ihr ganz fremden Gebildes an und
bringt ihm, i n d e m s i e a l l
e F u r c h t
a u s t r e i b t, das neue, ewige Leben. Nunmehr gibt es etwas
in der
Welt, was nicht von dieser Welt ist und über sie erhebt! Als
unfaßliches Geschenk wird es durch das Evangelium verkündet
und ausgeteilt: „O Wunder über Wunder, Verzückung, Macht und
Staunen ist, daß man gar nichts über das Evangelium sagen,
noch über dasselbe zu denken, noch es mit irgendetwas vergleichen
kann!“ In demütigem Glauben allein wird es empfangen von den Armen
und denen, die da hungern und dürsten.
In der Konzeption, daß Gott nichts ist als
Liebe, ist der Gottesbegriff zugleich auf die höchste und auf die
eindeutigste Formel gebracht. Wohl muß man fragen, ob da noch das
Heilige als mysterium fascinosum et tremendum bestehen kann, wo der
„Zorn Gottes“ abgelehnt wird, wo es keine „Furcht“ mehr geben soll, wo
der Lobpreis „die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ verstummt, und
wo sich die Liebe an kein Gesetz gebunden weiß. Aber es bedarf
nur eines Blicks auf die eben zitierten Worte Marcions: „O Wunder
über Wunder“ usw., um zu erkennen, daß für diesen Mann
das Erhabene und Geheimnisvolle, das Große und Heilige der
Religion wirklich in der L i e b e
beschlossen war; denn diese Liebe war ihm doch die
unfaßbare, a l l m ä c h t i g e Liebe.
Zwar kann
zur Zeit der fremde Gott, der tief das Innerste erregt, „nach
außen nichts bewegen“; als Elende und Gehaßte müssen
daher seine Gläubigen diese entsetzliche Welt noch ertragen; aber
in Christus ist sie schon überwunden, und am Ende des Weltlaufs
wird es sich zeigen, daß der, der jetzt in uns ist,
größer ist als der, der in der Welt ist. Die Welt mitsamt
ihrer Gerechtigkeit, ihrer Kultur und ihrem Gott wird vergehen; aber
das neue Reich der Liebe wird bleiben. Und in der Gewißheit,
daß nichts von der Liebe Gottes scheiden
—————
so haben sie allen
Grund, sich des einzigen Vorgängers in der alten Kirchengeschichte
zu erinnern, der diesen fremden Gott kannte, bei Namen rief und alle
Beweise und „Bezeugungen“, damit man an ihn glauben könne,
abgelehnt hat.
230
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
kann,
die in Christus
erschienen ist, sind die Elenden und Gehaßten doch auch jetzt
schon die Triumphierenden. Vom Geiste der Liebe regiert und zu einem
Bruderbund in der heiligen Kirche zusammengeschlossen, sind sie schon
jetzt über die Leiden dieser Zeit erhaben. Sie haben Geduld und
können warten.
Dies alles ist aber keine blasse und
erklügelte, aus dem Trotz der Verzweiflung über die Welt
ersonnene Spekulation, sondern c h r i s t l i c h e s
Erlebnis; denn an der Person Christi ist dieses Neue eine leibhaftige
Wirklichkeit; an ihm ist sie empfunden. Die Liebe ist Er, und Er ist
die Liebe; die Erbarmung ist Er, und Er ist die Erscheinung des
überweltlichen Gottes und des überweltlichen Lebens. Das
Reich des Guten und der Liebe ist Panchristismus. Durch Christus und
nur durch Ihn vollzieht sich auch die Umwertung der Werte: gewiß,
auch Er lehnt das naturhaft Gemeine, den Fleischessinn ebenso ab wie
der Weltschöpfer — d i e s e
m o r a l i s c h e A b l e h n u n g v e r s t
e h t s i c h i m m e r v o
n s e l b s t —, aber nur
die Sünder vermag er zu erlösen; denn die, welche sich aus
der Sünde in die „Gerechtigkeit“ dieser Welt geflüchtet
haben, in ihr Gesetz und ihre Kultur, sind als verhärtete
„Gerechte“ der Erlösung nicht mehr fähig. Ist das eine
verstiegene Behauptung?
—————
Hat M. nicht wirklich recht gegenüber der
großen Christenheit, damals und heute noch? Bringt er nicht das
konsequente Schlußglied für die Kette, die durch die
Propheten, Jesu und Paulus bezeichnet ist, trotz des gewaltigen
Unterschieds? Ist denn der paradoxe Unterschied zwischen den Propheten
und Jesus etwa geringer, wenn Jesus die Propheten zwar bestätigt,
aber verkündigt: „Niemand kennt den Vater denn nur der Sohn“? Und
wiederum, ist der paradoxe Unterschied zwischen Jesus und Paulus
kleiner, wenn Paulus sich zwar in allem an das Wort des Herrn halten
will, aber ihn gegen dieses Wort als das Ende des Gesetzes bezeichnet
und einen antinomistischen Glaubensbegriff entwickelt, der durch kein
Wort Jesu wirklich gedeckt ist? Ferner, gibt es eine rationale
Theodizee, die nicht ihrer selbst spottet, und ist es nicht ein immer
wieder gescheitertes Unternehmen, Wesen und Art, Grund und Hoffnung des
Glaubens irgendwie mit der „Welt“ in Einklang zu setzen, d. h. von der
Ver-
231
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
nunft
und dem Weltlauf aus zu
begreifen? Wird der Geist nicht wirklich erst zum Geist, die Seele zur
Seele und die Freiheit zur Freiheit, wenn ihnen jene unbegreifliche
Liebe geschenkt wird, die nicht von dieser Welt ist? Und sind
„Gerechtigkeit“, Moral und Kultur wirkliche Heilmittel für den ans
Sinnliche gebundenen Menschen, sind sie nicht Palliative, die
schließlich das Übel noch ärger machen, wenn der
selbstlose höhere Liebeswille fehlt? Erzeugt der gestirnte Himmel
über mir und das Sittengesetz in mir wirklich den Aufschwung zur
aeterna veritas und vera aeternitas, die in der Liebe zu Gott und den
Brüdern gegeben ist, oder sind sie nicht Kräfte, die bei
jeder großen Probe versagen? Gibt es nicht wirklich drei Reiche,
von denen zwei trotz ihres Gegensatzes untrennbar in sich verflochten
sind, und nur das dritte eine neue Sphäre bezeichnet? Und ist
nicht Christus — tatsächlich, was geht einen lebendigen Menschen
die Frage nach dem Absoluten an? — der Anfänger und Vollender der
neuen, freimachenden Gotteskraft?
In allen diesen Fragen, die hier nicht
willkürlich an M. herangebracht sind, sondern in denen sein
Glaube lebte, ist seine Entscheidung klar. Der Christ und der
Religionsphilosoph mag aber noch folgendes bedenken:
M. hat mit einer herrlichen Sicherheit
verkündet, d a ß d e r
L i e b e s w i l l e J e s u, a l s o G
o t t e s, n i c h t r i c h t e t, s o n d e
r n h i l f t, und
er will, daß schlechthin nichts anderes von ihm ausgesagt werde.
Er hat ferner diesem Evangelium so vertraut, daß er
das F u r c h t m o t i v in jedem Sinne
ausgeschaltet hat und daher auch in bezug auf die Sünde nur
das e i n e Motiv gelten läßt:
„Absit, absit“; d. h. nur d i e
Abkehr von der Sünde ist wirklich Abkehr, die aus dem
A b s c h e u von ihr entspringt. Es ist
auch kein Sophismus, wenn er erklärt, daß Gott am Ende der
Dinge nicht richten werde, und doch einräumt, daß die
große Menge der Menschen nicht erlöst werden wird; denn sie
werden, wie er sich ausdrückt, von den Augen Gottes entfernt, weil
sie sich selbst schon definitiv von ihm entfernt haben. Im übrigen
kommt er hier, wie an anderen Punkten seiner Orientierung über
Welt und Religion dem gesunden Agnostizismus sehr nahe. Im Grunde hat
er ja auch keine Prinzipien l e h r e
— er muß diese (wie die verschiedenen Schulen, die er zugelassen
hat, beweisen, s. o.) freigelassen haben —; vielmehr zeigt die
232
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
völlig
verschiedene Art,
in welcher er den guten Gott, den Weltschöpfer und die Materie
faßt, daß ihre Nebeneinanderstellung nicht den Sinn haben
kann und soll, als seien sie formell gleichartige Größen. Er
ist, so muß man seine Gedanken deuten, bei seinen Betrachtungen
auf die Sinnlichkeit, auf die Welt (als Kosmos und Gesetz) und auf die
reine Liebe als auf die letzten, nicht weiter zu reduzierenden und
unvereinbaren Größen gestoßen, hat folgerecht bei
ihnen haltgemacht und ihre Gebiete durch die Integrale Materie,
Weltschöpfer (Gesetzgeber) und „fremder Gott“ bezeichnet ¹.
Das alles ist so rein gedacht und — eben weil
weitere Spekulationen ausgeschlossen werden (anders Apelles), — so
widerspruchslos, daß man auch intellektuelle Freude an seinen
Gedanken hat, die Dutzende von Einwürfen, denen die Kirchenlehre
ausgesetzt ist, entwaffnen. Auch kommt, das sei nur nebenbei bemerkt,
seine Art das Evangelium zu verkündigen, den Bedürfnissen der
Gegenwart merkwürdig entgegen, vielleicht auch deshalb, weil die
Zustände seiner Zeit den unsrigen verwandt waren. Die tiefsten
Kenner der Volksseele, wie sie in den Verächtern des kirchlichen
Christentums heute lebt, versichern uns, daß nur die
Verkündigung der Liebe, die nicht richtet, sondern hilft, noch
Aussicht hat gehört zu werden. Hier tritt M. auch T o
l s t o i zur Seite und hier G o r k i. Jener
ist durch und durch
ein marcionitischer Christ. Was wir an direkten religiösen
Aussagen von M. besitzen, könnte auch er geschrieben haben,
und umgekehrt würde M. in T o l s t o i s
„Elenden und Gehaßten“, in seiner Auslegung der Bergpredigt (die
ja auch für M. „die Gedanken Jesu waren, in denen er die
Eigenheit seiner Lehre ausgedrückt hat“) und in seinem Eifer gegen
die gemeine Christenheit sich selbst wiedererkannt haben. G
o r k i s ergreifendes Stück „Das
Nachtasyl“ aber kann einfach als ein Marcionitisches Schauspiel
bezeichnet werden; denn „der Fremde“, der hier auftritt, ist der
Marcionitische Christus, und sein „Nachtasyl“ ist die Welt.
Soviel ist gewiß — daß in der
Kirchengeschichte und in
—————
¹ Daß „Sinnlichkeit“ und „Kosmos“ sehr wohl vereinbar sind
und
daß M. vielleicht durch gnostische Einflüsse zu ihrer
Trennung gekommen ist, daran sei erinnert.
233
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
der
Religionsphilosophie das
Marcionitische Evangelium kaum jemals wieder verkündigt worden
ist, ist mindestens in der Regel nicht die Folge einer tieferen und
reicheren Erfahrung gewesen, sondern ein Zeichen religiöser
Stumpfheit und träger Abhängigkeit von der Tradition. Zwar
geht ein Marcionitisches Wetterleuchten durch die ganze Kirchen- und
Dogmengeschichte von A u g u s t i n s
Gnaden- und Freiheitsempfindung an, deren theoretischer Deutung die
Marcionitische Lehre ohne große Schwierigkeiten unterlegt werden
kann; aber eben nur ein Wetterleuchten ist zu konstatieren.
Nur e i n religionsphilosophisches Werk
gibt es, welches streng Marcionitisch ist, wenn auch M.s Name in
ihm nicht genannt wird: „Das
Evangelium der armen Seele“ (mit einem
Vorwort von H. L o t z e, 1871
¹). Der anonyme Verfasser (J u l i u s
B a u m a n n) hat jedoch seine Aufgabe nicht streng
wissenschaftlich
aufgefaßt und schrieb breit und zerflossen. So ist das sehr
beachtenswerte Buch wirkungslos zu Boden gefallen; heute aber
müßte es wieder aufgenommen werden; denn der Marcionitismus,
den es vertritt, hat Tieferes zu sagen als die Erscheinungen der
Philosophie des „Als ob“ und des Agnostizismus.
Ernstlich erhebt sich sowohl für die
christliche Dogmatik wie für die Religionsphilosophie die Frage,
ob der Marcionitismus, wie er heute gefaßt werden muß — wie
leicht lassen sich seine zeitgeschichtlichen Gerüste abbrechen! —,
nicht wirklich die gesuchte Lösung des größten Problems
ist, d. h. ob die Kurve „die Propheten, Jesus, Paulus“ sich nicht
zutreffend nur in Marcion fortsetzt, und ob die Religionsphilosophie
sich nicht genötigt sehen muß, die Antithese „Gnade (neuer
Geist und Freiheit) > Welt (einschließlich der Moral)“ als das
letzte Wort anzuerkennen. Was läßt sich gegen M.
einwenden? Hier eine erschöpfende Antwort zu geben, die letztlich
nur eine ablehnende sein kann, aber die Hauptmotive M.s in Kraft
erhält, hieße die
—————
¹ Neben dieses Werk kann auch die Lehre der beiden M i
l l (vgl. J. St. M i l l s Aufsatz über
die
Natur u. s. J o d l, Gesch. d.
Ethik ² II (1912) S. 474 f., 713 f.) gestellt werden, woran mich
K. T h i e m e mit Recht erinnert hat.
234
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
ganze
religionsphilosophische
Frage aufrollen: ich beschränke mich daher auf einige Andeutungen:
Erstlich, es liegt etwas Expressionistisches in der
Marcionitischen Orientierung über Gott und Welt, man kann auch
sagen, eine gewisse Flucht vor dem Denken; einem scharfen Denker
muß es, wie im Altertum so auch heute noch, schwer fallen, sich
bei ihr zu beruhigen. Dazu kommt, daß seine Deutung des
Wirklichen zur Mythologie zu führen droht; denn nach der Anlage
unseres Geistes können wir als Denker wohl Monisten und
Pluralisten, nicht aber Dualisten sein, ohne Mythologen zu werden, d.
h. uns in Phantasien zu verlieren. Sodann empfindet man das dezidierte
Urteil über die Welt bei aller berechtigten Empörung
über den Weltlauf doch als Vermessenheit; kommt es dem Menschen
zu, über die Gesamtheit des Wirklichen in Natur und Geschichte,
soweit es nicht Gnade und Freiheit ist, den Stab zu brechen? Und sind
„Moral“ und Freiheit im geschenkten Guten wirklich nur Gegensätze
und nicht auch Stufen? Weiter, man darf zwar M. den Vorwurf nicht
machen, daß er keine Vorsehung kennt — er leugnet sie nur in
bezug auf den Weltlauf, ist jedoch gewiß, daß den
Erlösten nichts von der Liebe Gottes zu scheiden vermag, und
fordert daher eine unerschütterliche Geduld —, aber er beschneidet
doch das Leben der Frömmigkeit aufs empfindlichste, wenn sie Kreuz
und Leiden nicht mehr als Schikkungen desselben Gottes betrachten darf,
der das Heil schenkt. Ferner, ist es nicht falsche Innerlichkeit, ja
Lieblosigkeit, wenn man gebietet, die ganze Welt als unheilbar
preiszugeben, sich nur auf die P r e d i g t
des Evangeliums zu beschränken und sonst nichts i
n W i r k e n u n d T a t zu
versuchen?
¹ Setzt aber nicht alles Wirken die Reformabilität des
Wirklichen und damit ein ursprünglich Gutes in ihm voraus? Damit
hängt endlich das letzte eng zusammen: eine Gottes- und
Weltanschauung, die, wenn sie die Bilanz zieht, die Askese so weit
treiben muß, daß sie die Fortpflanzung des
Menschengeschlechts für alle unter-
—————
¹ M a x S c h e l e r („Von zwei
deutschen Krankheiten“, in dem Werk „Der Leuchter“, 1919, S. 161 ff.)
hält dem Lutherischen Protestantismus die Gefahr der falschen
Innerlichkeit vor — mit welchem Rechte, mag hier dahingestellt bleiben;
aber auf M. scheint der Vorwurf zutreffend zu sein.
235
Marcions
Christentum kirchengeschichtlich und religionsphilosophisch beleuchtet
bindet,
kann nicht die
richtige sein; denn sie hebt die Grundvoraussetzung alles positiven
Denkens auf, nämlich, daß das Leben irgendwie etwas
Wertvolles sein muß. Und wenn die Liebe nicht nur alles duldet,
sondern auch alles h o f f t,
darf man da die Hoffnung aufgeben, daß ihr Geheimnis und ihre
Kraft, sei es auch wider allen Augenschein, doch auch die Welt und die
Geschichte mit ihrem Elend und ihrer Sünde a fundamentis
umspannen, um sie in melius zu reformieren?
Dies mögen die wichtigsten Einwürfe sein,
die man M. entgegenzuhalten hat; er hätte wohl auf jeden
etwas zu sagen, aber ich zweifle, ob etwas Durchschlagendes. Die
Kirchenlehre samt ihrem Alten Testament ist freilich damit noch lange
nicht gerettet, wohl aber der erste, allen Marcionitismus
abstoßende Artikel ihres Glaubens: „Ich glaube an Gott, den
allmächtigen Vater“. Dennoch kann man nur wünschen, daß
sich in dem wirren Chor der Gottsuchenden heute wieder auch Marcioniten
fänden; denn „leichter erhebt sich die Wahrheit aus der Verirrung
als aus der Verwirrung!“
—————
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Änderung am 30. Dezember 2017